Ärztezentrum: Miete oder umfassendes Dienstleistungspaket?
Wer als Arzt in einem Ärztezentrum praktizieren will, hat unter Umständen die Wahl, die Räumlichkeiten auf Basis eines Mietvertrages zu nützen oder ein gesamtes Dienstleistungspaket in Anspruch zu nehmen. Die Unterscheidung hat umsatzsteuerliche Konsequenzen.
Je nachdem, wie das Vertragsverhältnis ausgestaltet ist, muss das Ärztezentrum dem Arzt Umsatzsteuer in Rechnung stellen – oder eben nicht. Die Benützung eines Ärztezentrums kann einerseits im Rahmen einer reinen Vermietung von Räumlichkeiten erfolgen, die umsatzsteuerbefreit ist. Eine Option zur Umsatzsteuerpflicht wäre für den Vermieter (das Ärztezentrum) nur dann möglich, wenn sein Mieter ein Unternehmer ist, der den Mietgegenstand zu mehr als 95% für umsatzsteuerpflichtige Umsätze verwendet. Dies ist beim Arzt in der Regel aber nicht der Fall, da der Arzt grundsätzlich umsatzsteuerbefreite Umsätze tätigt.
Daher kann der Vermieter (das Ärztezentrum) bei der Vermietung von Ordinationsräumlichkeiten zumeist nicht zur Umsatzsteuer optieren und damit auch keine Vorsteuer aus der Errichtung oder dem Kauf des Gebäudes abziehen. Für den Arzt bedeutet dies, dass seine Miete keine Umsatzsteuer enthält. Ob der Vermieter (das Ärztezentrum) einen allfälligen „Vorsteuerschaden“ (aufgrund des nicht möglichen Vorsteuerabzugs) an den Arzt verrechnen kann, kommt auf die vertragliche Gestaltung an.
Summe von Dienstleistungen
Andererseits kann das Ärztezentrum neben den Räumlichkeiten eine Summe von Dienstleistungen anbieten, wie zum Beispiel Reinigung, Telefondienst mit Terminmanagement, Empfang an der Rezeption, Buchhaltung, Einkauf, Lagerverwaltung, Postadministration, Marketing, etc. Der Arzt muss sich um keine organisatorischen Belange kümmern, sondern kann sich rein auf die medizinische Behandlung seiner Patienten konzentrieren. Dem einzelnen Arzt wird dabei kein spezieller einzelner Raum zur Verfügung gestellt, über den er ausschließlich wie ein Mieter verfügen kann. Vielmehr bestehen die Leistungen des Ärztezentrums in einem Paket von Dienstleistungen.
Die damit zwangsläufig einhergehende Benützung der vorhandenen Räumlichkeiten des Ärztezentrums durch den Arzt stellt im Verhältnis zu den insgesamt erbrachten Dienstleistungen eine untergeordnete Nebenleistung dar. Dadurch tritt die Grundstücksvermietung im engeren Sinn steuerlich in den Hintergrund, weshalb auch die für die Grundstücksvermietung geltende Umsatzsteuerbefreiung keine Anwendung findet.
Im Ergebnis erbringt das Ärztezentrum dabei an den einzelnen Arzt keine umsatzsteuerbefreite Grundstücksleistung, sondern eine in Summe umsatzsteuerpflichtige sonstige Leistung und ist gleichzeitig zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt. Für den einzelnen Arzt erhöhen sich damit die Kosten für die Benützung des Ärztezentrums um die verrechnete Umsatzsteuer, die er selbst nicht als Vorsteuer abziehen kann.
Hinweis
Bei der Benützung von Ärztezentren kommt es darauf an, ob es sich um eine reine Miete von definierten Räumlichkeiten, die nur der jeweilige Arzt benutzen kann, handelt oder ob ein umfassendes Dienstleistungspaket angeboten wird. Dies kann große Unterschiede in der umsatzsteuerlichen Beurteilung bedeuten. Eine klare vertragliche Regelung und frühzeitige steuerliche Beratung sind daher essenziell, um unerwartete Steuerbelastungen zu vermeiden.